Mittwoch, 15. April 2015

Teil 1 - Wie verhalte ich mich als Anleger in Krisenzeiten?

Es liegen mittlerweile sechs Jahre Aktienhausse hinter uns, die nur kurzzeitig - im Jahr 2011 - unterbrochen wurde. Erstaunlicherweise herrscht bei den Marktteilnehmern jedoch keine Euphorie - wie zum Beispiel 1999 und 2000 - sondern ziemlich viel Skepsis und Furcht vor. So gibt es aktuell eine Menge Leute, die nun das Endes der positiven Aktienzeit oder gar einen Crash prognostizieren.
Aber die Frage, wann ein Crash oder ein Bärenmarkt kommt, soll hier nicht das Thema sein. Sondern wie sollte man sich als Anleger verhalten, wenn der Kapitalmarkt wirklich einmal in den Krisenmodus umschalten sollte?

Bevor es los geht, zur Sicherheit noch folgender Hinweis. Dieser Artikel wurde allgemeingültig geschrieben und dient dazu wie man sich an Anleger verhalten sollte, wenn die Krise da ist. Dabei sind die Erfahrungen der zurückliegenden zwei Aktienbaissen mit eingeflossen. Der Artikel wurde nicht deshalb im Frühjahr 2015 geschrieben, weil ich der Meinung bin, dass nun ein signifikanter Bärenmarkt bevorsteht.
Da es zu diesem Thema viel zu schreiben gab, wird dieser Artikel in zwei oder drei Abschnitte aufgeteilt.

Bevor wir mit dem eigentlichen Thema beginnen, weise ich darauf hin, dass wir uns hier auf negative wirtschaftliche Entwicklungen, Platzen von Blasen und möglicherweise Finanzkrisen konzentrieren. Das sollte noch abgegrenzt sein zu Weltuntergangsszenarien, wie Einschlägen von größeren Asteroiden, weltweite Epidemien oder ein ausgedehnter Krieg mit Atomwaffen und ähnliches. In solchen Fällen hätten wir als Menschen ganz andere Probleme, als dass man am Aktienmarkt etwas Geld verliert oder nicht. 

Beginnen wir jedoch von vorne. Bevor wir uns Möglichkeiten anschauen, wie man am besten in einem negativen Börsenumfeld agiert, klären wir die Frage, ob man bereits frühzeitig markante Hochpunkte erkennen kann. Zudem werfen wir einen Blick auf die beiden größeren Baissen der Jahre 2000 bis 2003 und 2008 bis 2009.

Lassen sich signifikante Hochpunkte frühzeitig erkennen?
Ja, das wäre schön. Wie aus dem Lehrbuch, unten beim Tiefpunkt einsteigen und oben beim Höchstwert wieder raus. Wer das regelmäßig in die Tat umsetzen kann, sollte sich tatsächlich mit dem Trading beschäftigen.
Natürlich gibt es manchmal auch gewisse Anzeichen für einen Extrembereich beim Chart. So hatten wir bereits früher über sogenannte Fahnenstangen gesprochen, wenn der Chart einer Aktien oder sogar eines Index fast senkrecht nach oben zeigt. In solchen Fällen besteht kein vorteilhaftes Chance-Risiko-Verhältnis für einen Neueinstieg. Aber es bleibt immer noch eine gewisse Wahrscheinlichkeit, für eine weitere Fortsetzung des aktuellen Trends.

Auch die Fundamentaldaten können einen Hinweis auf ein bevorstehendes Ende eines freundlichen Aktienumfeldes sein. So gilt ein Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) um 15 bei Aktien-Indizes wie dem DAX als langjähriger Durchschnitt. Die Kennzahl KGV ist ziemlich bekannt und wird ermittelt aus dem Kurs der Aktie dividiert durch den Gewinn pro Aktie. Hinter dieser Größe verbirgt sich die Antwort, der wievielfache Jahresgewinn an der Börse für ein Unternehmen bezahlt werden muss.
Einige Marktteilnehmer berechnen stattdessen die sogenannte Gewinnrendite, das heißt wieviel Gewinn erhält der Anleger pro Jahr für den jeweiligen Kaufpreis. Bei einem KGV von 20 beträgt die Gewinnrendite 1/20, also 5 Prozent, ein KGV von 10 bedeutet eine Gewinnrendite von 1/10, entsprechend 10 Prozent.

Problematisch ist, dass selbst eine moderate Überbewertung (z.B. ein KGV von 20) in einem ausgeprägten Bullenmarkt mitunter mehrere Jahre andauern kann. Dies war zum Beispiel in der langen Aktien-Hausse der achtziger und neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts der Fall. Das mittlere DAX-KGV schwankte damals zwischen 15 und 25. Allerdings wenn es darüber hinaus geht, deutet sich eine baldige Änderung an.

Anfang des Jahres 2000 lag das mittlere DAX-KGV bei rund 30 und besonders die Technologie-Indizes wie die Nasdaq wiesen ein KGV von fast 100 auf. Wenn man dann noch von etlichen Seiten hört, dass die alten Bewertungskriterien heutzutage nicht mehr gelten würden und in der BILD die Menschen aufgerufen werden jetzt erst richtig in den Aktienmarkt einzusteigen, ist der Hochpunkt nicht mehr weit entfernt.

Crash oder scharfe Korrektur?
Für einen Bullenmarkt ist es überhaupt nicht ungewöhnlich, wenn dieser von durchaus heftigen Korrekturen begleitet wird. Zuletzt hatten wir den Fall, dass der DAX im Zeitraum Ende September bis Mitte Oktober 2014 von 9.800 auf unter 8.400 Punkten gefallen ist. Das waren 17 Prozent Kursverlust in rund drei Wochen. Damals kamen einige Fragen zu mir, ob dies nun ein Crash sei und auch Finanzmagazine wechselten in den "Crashmodus". Nur als die Zeitschriften gedruckt erschienen, war der DAX längst schon wieder durchgestartet. Fünf Handelstage nach dem Tiefpunkt überwand der DAX die Marke von 9.000.

Eine typische Korrektur bewegt sich im Rahmen von 10 bis 20 Prozent und baut einen Teil der zuvor entstandenen Kursgewinne wieder ab. Anschließend setzt sich der Aufwärtstrend erneut fort und erreicht höhere Hochpunkte als in der vorherigen Aufwärtsbewegung erzielt wurden. Wie der Begriff Korrektur es bereits suggeriert wird eine gewisse Übertreibung korrigiert und das Kursniveau wieder auf ein moderates Level zurückgeführt.

Es ist nicht ganz trivial während einer Korrektur Indizien zu finden, ob es bei einer Korrektur bleibt und die vorherige Hauptrichtung nach einem "reinigenden Gewitter" wieder eingeschlagen wird oder daraus ein längerer Abwärtstrend wird. Einige Anhaltspunkte gibt es jedoch und diese besprechen wir im nächsten Monatlichen Marktbericht (Ausgabe Mai 2015).


DAX von 2007 bis 2009
Quelle: comdirect.de
Werfen wir einen Blick zurück auf die Finanzkrise und die Entwicklung des DAX von 2007 bis 2009. Rückwirkend betrachtet war die gesamte Finanzkrise im DAX ein rund 14-monatiger Bärenmarkt. Jeweils am Anfang (Januar 2008) und am Ende (Februar 2009) gab es Kurseinbrüche um 25 Prozent innerhalb einiger Tage. Der eigentliche von uns allen wahrgenommene Crash fand im September 2008 mit einem Kursrückgang von etwa 35 Prozent statt.

Nach dem Rutsch im Januar 2008 war die Bewegung des DAX erst einmal für einige Monate seitwärts gerichtet und es hätte bis zum Frühsommer noch als normale Korrektur gelten können. Im Frühherbst folgte dann das größte Unheil erst noch.

DAX von 1999 bis 2003 
Quelle: comdirect.de
Schauen wir uns noch den Bärenmarkt von 2000 bis 2003 im Zusammenhang mit dem Platzen der Dotcom-Blase an. Es war mit einer Andauer von drei Jahren einer der längeren Bärenmärkte in der Geschichte des Aktienmarktes. Die lange Historie des Dow Jones Industrial Average zeigte, dass ein dreijähriger Bärenmarkt tatsächlich die bisherige Obergrenze war. Danach ging es wieder aufwärts. Aber die vergleichsweise lange Andauer könnte ein Mitgrund gewesen sein, warum in der letzten Phase Ende 2002 und Anfang 2003 viele Menschen resignierten, ihre Aktien für einen Apfel und Ei verkauften und auf diese Weise herbe Verluste realisierten.

Nach dem damaligen Allzeithoch im DAX begann der deutsche Leitindex in der Folgezeit zwar keinen raschen, dafür aber stetigen Rückgang einzuschlagen. Mitten in diesem Abwärtstrend kamen die Terroranschläge des 11. September 2001 ins Spiel und sorgten für einen ersten Crash. Nach einer durchaus deutlich Erholung folgte dann im Jahr 2002 ein recht flotter und deutlicher Rückgang. Er erstreckte sich zwar über einige Monate hinweg, aber wegen des enormen Rückgangs um fast 50 Prozent lässt sich dieses Ereignis durchaus als Crash charakterisieren. Im März 2003 war das Platzen der Internet-Blase abgeschlossen und die Trendwende vollzogen.


Das war der erste Teil der Serie "Wie verhalte ich mich als Anleger in Krisenzeiten?". Im zweiten Teil der Serie schauen wir uns an, welches unterschiedliche Anleger-Verhalten für welche Konsequenzen im eigenen Depot sorgt, untersuchen die Auswirkungen auf Dividendenzahlungen und wie man generell möglichst vorteilhaft einen solchen Börsenwinter übersteht. Hier alle Teile der Artikelserie in der Übersicht.

Teil 1 - Wie verhalte ich mich als Anleger in Krisenzeiten?
Teil 2 - Wie verhalte ich mich als Anleger in Krisenzeiten?
Teil 3 - Wie verhalte ich mich als Anleger in Krisenzeiten?

Zum Weiterlesen:

5 Kommentare:

  1. Ohne nun etwas aus dem kommenden Teilen vorwegnehmen zu wollen, würde ich doch mal raten, dass das beste und vernünftigste Verhalten ist, wenn man weiterhin regelmäßig investiert.

    Zusätzlich kann man bei tiefen Kursen natürlich noch die Sparquote erhöhen, oder einfach zusätzliches Kapital in die Märkte bzw. bevorzugten ETFs pumpen. :-)

    So zumindest stelle ich mir das bisher vor bzw. habe es geplant - auch wenn (oder gerade weil) ich noch bei keinem Bärenmarkt dabei war.

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  2. Kann mich da meinem Vorredner nur anschließen. Wer regelmäßig investiert und nicht an das Geld zu einem bestimmten Zeitpunkt dran muss (Notverkäufe), sollte einfach so weiter machen wie bisher. Auch wenn das Depot mal mit 50% in der Verlustzone ist: Füße still halten. Es wird wieder aufwärts gehen. Das war immer so und wird immer so bleiben. Wenn man in Hochzeiten Cash aufgebaut hat, kann man dann wunderbar in gefallen Perlen investieren.

    VG

    Sparfuchs

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  3. Ja, das hört sich schon gut an. In der Praxis funktioniert dieses Vorgehen aber nur bei den wenigsten Anlegern. Im zweiten und vor allem im dritten Artikel kommen wir darauf zu sprechen.

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  4. Der Markt reguliert sich IMMER selbst , die frage sollte nur sein , von wo aus betrachten wir Ihn.Daher ist natürlich immer gut : Richtig vorbereitet sein , damit einstieg gut verläuft . Habe dazu auch schon mal von der geraden Kurve ( Dieses ist eben kein Paradoxum ) gesprochen , und die möglichkeit ausgeschlossen , den oberen oder unteren Punkt zu erreichen ( Zu 99,5 % ) und ein einstieg bei dem vorderen 3 tel oder noch besser 4 tel und schon echt gut vorderen 5 tel zu liegen. MFG der Beobachter.

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  5. Artikel Kursrutsch am Aktienmarkt , was ist in den letzten Tagen eigentlich passiert? beachten !!!

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