Montag, 9. September 2013

Wie hat sich der DAX nach Bundestagswahlen verhalten?

In Kürze am 22. September 2013 findet die nächste Bundestagswahl statt. Jeder hat für die Zeit danach andere Erwartungen, die natürlich auch davon abhängig sind, welche politischen Kräfte Deutschland in den vier Jahren nach der Bundestagswahl führen werden. Eine Frage, die sich einige Börsenteilnehmer stellen, ob die Bundestagswahlen einen erkennbaren Einfluss auf den Deutschen Aktien-Index DAX haben, möchte ich mit diesem Artikel untersuchen.

Der deutschen Aktien-Index DAX wird seit 1988 berechnet und wurde rückwirkend am 31.12.1987 auf 1000 Punkte normiert. Es lassen sich durch Rückrechnungen auch frühere "DAX"-Stände ermitteln. Eine schöne Quelle für historische Daten von Aktien-Indizes findet man auf markt-daten.de. Dort findet man z.B. die Kursdaten des DAX seit 1970.
Beginnend mit der Bundestagswahl im Jahr 1972 habe ich mir die Entwicklung des DAX im darauffolgenden halben Jahr angeschaut.

DAX-Performanceindex seit 1988 - Quelle: comdirect
Schauen wir uns zunächst die Bundestagswahlen seit 1972 an. In Fettdruck der gewählte Bundeskanzler, daneben der jeweilige Herausforder, in Klammern die Partei, die den Bundeskanzler stellte.

19.11.1972 Rainer Barzel Willy Brandt (SPD)
03.10.1976 Helmut Kohl Helmut Schmidt (SPD)
05.10.1980 Franz Josef Strauß Helmut Schmidt (SPD)
06.03.1983 Helmut Kohl Hans-Jochen Vogel (CDU)
25.01.1987 Helmut Kohl Johannes Rau (CDU)
02.12.1990 Helmut Kohl Oskar Lafontaine (CDU)
16.10.1994 Helmut Kohl Rudolf Scharping (CDU)
27.09.1998 Helmut Kohl Gerhard Schröder (SPD)
22.09.2002 Edmund Stoiber Gerhard Schröder (SPD)
18.09.2005 Angela Merkel Gerhard Schröder (CDU)
27.09.2009 Angela Merkel Frank-Walter Steinmeier (CDU)

Wie entwickelte sich nun der DAX in den nachfolgenden 6 Monaten ("DAX" vor 1988 in Anführungszeichen)?
  • 1972: "DAX" fiel von fast 600 auf unter 500 Punkte: etwa 17% Verlust
  • 1976: "DAX" fiel erst und stieg im folgenden Frühjahr 1977 wieder an, schwankte also um die 500 Punkte-Marke: +/- 0%
  • 1980: "DAX" fiel erst und stieg im folgenden Frühjahr 1981 wieder an, schwankte also um die 500 Punkte-Marke: +/- 0%
  • 1983: "DAX" stieg deutlich von knapp 600 auf über 700 Punkte an: etwa 18% Gewinn
  • 1987: "DAX" stieg von etwa 1200 Punkten um fast 20% an (Börsencrash kam erst am 19.10.1987, "Schwarzer Montag")
  • 1990: DAX sank von knapp unter 1500 Punkten zunächst bis Mitte Januar auf fast 1300 Punkte, um anschließend bis Anfang Juni 1991 auf 1700 Punkte zu steigen: rund 15% Gewinn
  • 1994: Nach einem kurzen Rückgang unter 2000 Punkte unmittelbar nach der Wahl, bewegte sich der DAX seitwärts meist zwischen 2000 und 2100 Punkten, um dann im März 1995 auf fast 1900 Punkte abzutauchen. Erst im Juni erreichte der DAX Werte über 2100 Punkte: 6% Verlust
  • 1998: Von 4677 DAX-Punkten ging es in den folgenden Tagen nach dem Regierungswechsel zu "Rot-Grün" rasch unter 4000 Punkte zurück. Aber anschließend erholte sich der Leitindex auch schnell wieder auf das Ausgangsniveau und in den Folgemonaten bewegte sich der DAX seitwärts mit einer leichten Aufwärtstendenz. Nach einem halben Jahr: 4% Gewinn
  • 2002: Diese Zeit war dominiert von einem dreijährigen Bärenmarkt an den globalen Aktienmärkten (ausgelöst u.a. durch das Platzen der Internetblase, die Terroranschläge auf das World Trade Center in New York am 11.September 2001 und den drohenden Irak-Krieg), der erst im März 2003 seinen Wendepunkt fand. So gab es nach der Wahl nur im Oktober und November einen Anstieg des DAX, aber ein halbes Jahr nach der Bundestagswahl: 13% Verlust.
  • 2005: In dieser Zeit herrschte eine weltweite Aktienhausse vor. So stieg der DAX in dem halben Jahr nach der Bundestagswahl - mit einer großen Koalition, geführt von Angela Merkel - von knapp unter 5000 auf fast 6000 Punkten, 19% Gewinn.
  • 2009: Im Jahr 2009 begannen sich die Aktienkurse nach dem Crash aufgrund der Immobilienkrise in den USA und der allgemeinen Finanzkrise wieder zu erholen. Nach der Bundestagswahl, mit einer schwarz-gelben Regierung und Kanzlerin Angela Merkel, bewegte sich der DAX zunächst unter größeren Schwankungen eher seitwärts, bevor Anfang 2010 wieder die 6000 Punkte-Marke überschritten wurde. Insgesamt ein halbes Jahr nach der Bundestagswahl: 7% Gewinn
  • 2013: Im Herbst 2013 schlossen sich SPD und CDU unter der Leitung von Angela Merkel zu einer großen Koalition zusammen. Der DAX startete ausgehen von 8.600 Punkten eine Rally, die im Winter 2013/2014 deutlich oberhalb der 9.000-er-Marke in eine Seitwärtsphase mündete. Insgesamt ein halbes Jahr nach der Bundestagswahl: 12% Gewinn


Auswertung
Als Ergebnis verzeichnete der DAX in dem halben Jahr nach einer Bundestagswahl dreimal einen Verlust, zweimal keine signifikante Veränderung und in sechs Fällen stiegen die Kurse an. Im Durchschnitt aller elf Fälle, die natürlich noch nicht statistisch signifikant sind, ergibt dies einen DAX-Anstieg von knapp 3%. Ob die Mehrheit der Kursbewegungen jeweils eine Folge der Ergebnisse der Bundestagswahlen waren, muss jedoch bezweifelt werden. Vielmehr sind übergeordnete Themen der globalen Finanzmärkte und zum Beispiel Zinsentscheidungen der großen Notenbanken ausschlaggebender. Der Einfluss der Bundesregierung auf die globalen Entwicklungen sind zu gering als das sie die Aktienkurse der im DAX enthaltenen Unternehmen (die oft über Deutschland hinaus global agieren) nachhaltig beeinflussen. Ein größerer Zusammenhang lässt sich eher zwischen DAX und dem US-Leitindex Dow Jones Industrial Average erkennen. Und ob sich die US-Wirtschaft von den Ergebnissen einer Bundestagswahl beeinflussen lässt, ist ziemlich unwahrscheinlich.

Allerdings kann eine markante Änderung in der Zusammensetzung des Regierungslagers die Entwicklung des Deutschen Aktienindex zumindest in untergeordnetem Maße beeinflussen. Die wohl größte Veränderung gab es beim Regierungswechsel 1998 als "Rot-Grün" unter der Leitung von Gerhard Schröder "Schwarz-Gelb" ablöste. Daraufhin verlor der DAX vorübergehend überdurchschnittlich stark. Während er rund 15% verlor, gab der "große Bruder" aus den USA, der Dow Jones Industrial Average lediglich 5% nach.

Trotz dieser vorübergehenden Verluste war diese Zeit von einer übergeordneten Hausse dominiert, die vor allem mit dem aufkeimenden Internetboom begründet war. Wie oben erwähnt, konnte der DAX im folgenden halben Jahr etwa 4% Kursanstieg verzeichnen, während der Dow Jones satte 37% zulegte. Diese markante Underperformance des DAX dürfte zumindest zum Teil auch an der Unsicherheit der Investoren gelegen haben, ob die neue rot-grüne Regierung größere Änderungen in der Wirtschafts- und Sozialpolitik vornehmen würde oder nicht.

Fazit
Der Einfluss der Bundestagswahl auf die deutschen Aktienkurse scheint generell gering zu sein. Globale Finanzthemen oder Leitzinsentscheidungen von der FED oder EZB sind in der Regel für die Finanzmärkte von größerer Relevanz. Lediglich bei sehr drastischen (oder auch überraschenden) Regierungswechseln kann dies zumindest temporäre Auswirkungen auf den DAX haben. Wobei weniger wahrscheinlich eine zum globalen Trend gegenläufige Entwicklung auftritt, sondern dann eher eine Trendbeschleunigung oder Trendabschwächung zu erwarten ist.

Zum Weiterlesen:

2 Kommentare:

  1. Wie schon die alte Börsenweisheit besagt:
    "Politische Börsen haben kurze Beine."

    Gruß, Der Privatier

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  2. Teilzeit Privatier9. September 2013 um 12:55

    Aus der Tradition bestätigt:
    "Lügen haben kurze Beine."

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