Samstag, 5. Dezember 2015

Was gehört zu einer Grundabsicherung?

Jeder Mensch setzt naturgemäß unterschiedliche Prioritäten im Leben. Das ist beim Thema Geld und Finanzen nicht anders. Einige geben alles aus, was sie haben, andere sichern sich bis zur Halskrause gegen alle möglichen Eventualitäten ab, wieder andere möchten möglichst Geld verdienen, ohne jedoch eine Grundabsicherung zu besitzen. Dabei sollte die private Finanzarchitektur in der Gesamtheit betrachtet und möglichst ausgewogen gestaltet sein. Gleichzeitig ist auch die Reihenfolge wichtig. Wer nur investieren will, jedoch keine Liquiditätsreserven sowie Absicherung der Arbeitskraft hat, dem bricht das Investitionsgerüst zusammen, sobald er keine Erwerbstätigkeit mehr ausüben kann. Dieser Artikel behandelt das Fundament der privaten Finanzarchitektur, nämlich die Grundabsicherung gegen elementare Risiken.

Sobald jemand in jungen Jahren das Elternhaus verlässt und damit nach und nach auch das finanziell schützende Dach verliert, muss sie oder er sich darum kümmern wieder solch einen Schutz aufzubauen. Denn wer nicht frühzeitig von Eltern oder Großeltern ein größeres Vermögen zur Verfügung gestellt bekommt, muss zunächst durch - welche Art auch immer - aktive Tätigkeit Geld verdienen. Das wird der Standardfall sein. Aber wie viel Geld verdienen wir denn im Laufe unseres Arbeitslebens?

Berechnung des Humankapitals
Es gibt unterschiedliche Bedeutungen und Varianten das Humankapital zu berechnen, weil man auch eine langjährige Rentenzahlung dazuzählen kann oder ähnliches. Ich möchte es hier einfach halten und nehme das im Laufe des Lebens durch die eigene Arbeitsleistung erzielte akkumulierte Bruttogehalt.

Die Gehälter sind natürlich je nach Branche und auch je nach Region unterschiedlich. Manche Gehälter differieren auch je nach Alter. Um eine Größenordnung zu haben, nehme ich das mittlere jährliche Bruttogehalt für eine Vollzeitbeschäftigung. Selbst für diesen Wert fand ich Quellen, die das jährliche Bruttogehalt zwischen 35.000 und 40.000 angegeben haben. Also nehme ich 37.500 Euro oder 3125 Euro pro Monat (bei 12 Monats-Gehältern). Bei jemanden, der 35 Jahre arbeitet, beträgt das Humankapital über 1,3 Millionen Euro. Einige müssen bei solch einer Zahl erst einmal schlucken, da sie damit nicht gerechnet haben. Die meisten kommen auf einen Wert von 1,0 bis 1,5 Millionen, einige auch auf 2 Millionen Euro.

Das heißt, diese 1 bis 1,5 oder gar 2 Millionen Euro müssen in irgendeiner Form abgesichert werden. Wer aus gesundheitlichen Gründen im jungen oder mittleren Alter nicht mehr richtig arbeiten kann, wird ohne Grundabsicherung unter einer Millionen Euro Humankapital bleiben. Zur Grundabsicherung gehört auch der Schutz vor enormen Entschädigungszahlungen, falls man unabsichtlich einen größeren Schaden verursacht.

Das Video zur privaten Finanzarchitektur auf dem Youtube Kanal von Passiver Geldfluss.

Private Haftpflicht
Die Privathaftpflichtversicherung deckt die typischen Risiken des Alltags ab und ist in meinen Augen eine absolute Pflichtversicherung. Denn im Alltag kann jemand, der in Gedanken versunken ist, schnell unbeabsichtigt Ursache für einen größeren Schadensfall sein, zum Beispiel als Fußgänger im Straßenverkehr. Dafür, dass diese Versicherung einem vor der Privatinsolvenz schützen kann, ist die Haftpflichtversicherung auch noch relativ preiswert.
Die Haftplichtversicherung zahlt in der Regel nicht, wenn der Schaden absichtlich herbeigeführt wurde. Zudem sollte die Deckungssumme nicht zu knapp gewählt werden, 10 bis 15 Millionen Euro sind heute Standard.

Berufsunfähigkeit
Eine Berufsunfähigkeitsversicherung sichert einen Erwerbstätigen ab, falls dieser durch Unfall oder Krankheit seinen bisherigen Beruf nicht mehr ausüben kann. Dafür reicht bereits eine gesundheitliche Verhinderung für eine Dauer von mindestens sechs Monate. Oft zahlt die Versicherung schon bei einer Berufsunfähigkeit von 50 Prozent und selbst wenn Sie eine andere Tätigkeit als bisher ausüben können. Dafür können Menschen mittleren Alters oder mit entsprechenden Vorerkrankungen häufig gar nicht erst eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen oder der regelmäßige Beitrag ist sehr teuer.
Wichtig ist beim Abschluss eines BU-Vertrages, dass man wirklich sämtliche Vorerkrankungen mit angibt. Es kommt nicht selten vor, dass die Versicherung die Leistung verweigert, wenn eine verschwiegene Vorerkrankung der Grund für die Berufsunfähigkeit geworden ist. Die Preise für eine Berufsunfähigkeitsversicherung hängen vom Alter, der Vorerkrankung und der gewünschten monatlichen Zahlung im Versicherungsfall ab. Je jünger und gesünder jemand ist, desto günstiger.

Erwerbsunfähigkeit
Wer weniger als drei Stunden täglich irgendeine am Arbeitsmarkt erhältliche Tätigkeit ausüben kann und eine private Erwerbsunfähigkeitsversicherung hat, erhält eine monatliche Rente in der vertraglich vereinbarten Höhe. In der Praxis wird die Erwerbsunfähigkeitsversicherung versuchen, dass der Versicherte eine andere als seine erlernte und bisher ausgeübte Arbeit verrichten kann. Selbst wenn dies mit deutlich finanziellen und sozialen Einschnitten verbunden wäre. Das ist ein wichtiger Unterschied zur Berufsunfähigkeitsversicherung.
Dennoch ist die Absicherung der Erwerbsunfähigkeit für alle überlegenswert, die nicht in die Berufsunfähigkeit hereinkommen oder für die der Preis für eine BU-Versicherung zu hoch ist.

Unfall
Eine Unfallversicherung ist weniger zum Beispiel für einen Beinbruch gedacht, der selten zu einem finanziellen Fiasko führt, sondern Unfälle mit bleibender Behinderung. Insbesondere wenn man dadurch seine Erwerbstätigkeit nicht mehr ausüben kann. Zwar sind Unfälle spektakulär, aber statistisch ist es rund neun Mal wahrscheinlicher durch dauerhafte Krankheiten an seiner gewohnten aktiven Arbeit gehindert zu werden. Daher ist diese Versicherung für diejenigen interessant, die von keiner Berufsunfähigkeitsversicherung aufgenommen werden. Oder sie ist für Kinder oder für Menschen mit Risikosportarten eine Überlegung wert. Ein absolutes Muss ist die Unfallversicherung jedoch nicht.

Risikolebensversicherung
Wer für andere Menschen sorgen muss (zum Beispiel Haupt- oder Alleinverdiener einer Familie), sind Risiko-Lebens­versicherungen sinn­voll. Falls der Hauptverdiener verstirbt, kann der Partner weiter für die Kinder sorgen. Das gilt übrigens auch für unver­heiratete Paare, die keinen Anspruch auf gesetzliche Witwenrenten haben.
Oft weniger bekannt sind Fälle, bei denen sich Geschäfts­partner, die gemein­sam ein Unternehmen gründen und aufbauen, sich absichern können. Risikolebensversicherungen sind im Standardfall nicht teuer.

Gesetzliche oder private Krankenversicherungen sowie für Fahrzeughalter eine KFZ-Haftpflichtversicherung sind Pflicht, hier muss man sich lediglich Preisunterschiede und enthaltene Leistungen genauer anschauen.

Je nach Lebens- und Wohnstil können weitere Versicherungen sinnvoll sein, um seinen "Luxus" abzusichern. Hausrat- und Wohngebäudeversicherungen (bei Wohneigentum) seien als die prominentesten Vertreter hier genannt.


Fazit
Jeder muss letztendlich selbst eine Abschätzung treffen, welche Versicherungen ihm wichtig sind. Ob alles gut gelaufen ist, weiß man natürlich erst hinterher. Wer aber ein solides Finanz-Gebäude aufbauen möchte, darf die Grundabsicherung nicht unterschätzen, sonst bricht es zusammen, bevor es fertigstellt wurde.
Zum Schluss noch der Hinweis, dass dieser Artikel lediglich eine Übersicht geben kann. Über dieses Thema könnten mehrere lange Artikelserie geschrieben werden. Wichtig ist darauf zu achten, dass jemand das ganze Bild im Blick hat, entweder man selbst oder eine professionelle Fachkraft. Sonst besteht das Risiko von nicht versicherten Lücken oder dass man an anderen Stellen plötzlich mehrfach versichert ist und damit unnötig zu viel Geld bezahlt.

Welche Absicherungen sind für Sie besonders wichtig oder zusätzlich noch wichtig?

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4 Kommentare:

  1. Lars , Sehr Guter Einstieg , um genau erstmal die grundsätzlichen Absicherungen ( analog erstmal keine Schulden für Konsum ) die für ein Grundgerüst benötigt werden , abzuleuchten . Dazu kommt noch Krankenversicherung und ( Alters ) Rentenversicherung . Gerade auch bei Deiner Betrachtung des Humankapitals , müsste eigentlich jedem schnell Klar werden , um welche Summen es hier auf die Lebensarbeitszeit gesehen , geht . Und je früher sich jeder darüber Gedanken macht , umso besser , da dann die Beiträge meist umso billiger/günstiger sind. Sehr schön Lars . Wird leider von Vielen immer wieder vergessen , und die Folgen die daraus enstehen , sind dann teilweise leider nicht mehr aufzufangen . Also , erstmal alle Elementarrisiken absichern , bevor das investieren angefangen werden kann . Andererseits , sind bei einigen bereits soviel Anlagen in z.B. Renten erfolgt , das hier ein zusätzlicher Schutz eigentlich total überflüssig ist ( meist jedoch die Ausnahme ) .Jedoch möchte ich mich auch Deinen Schlußsatz anschließen , immer das ganze Bild im Blick haben , und da gehört auch die eigene Stelle im z.B. Familienverbund immer mit dazu .

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  2. Hmmmm...
    Viele Normalverdiener werden in Zukunft in immer mehr präkären Arbeitsverhältnissen (Zeitarbeit, befristet, schlecht bezahlt) tätig sein. Dies ist für Ingenieure wie mich aufgrund der technischen Entwicklungen klar absehbar (Stichwort Industrie 4.0). Für viele wird sich sparen auch nicht mehr lohnen weil der Staat Freibeträge z.B. beim Bezug von Sozialrenten sehr niedrig bemessen hat. Und wer Familie hat, kann insbesondere als Alleinverdiener häufig eh nicht wirklich was auf die Seite legen.

    Vielen ist noch nicht klar, welche gesellschaftlichen und volkswirtschaftlichen Veränderungen uns in den nächsten 20 Jahren ins Haus stehen. Da wird sparen nicht helfen. Im Gegenteil. Die Sparer werden die Zeche zahlen.

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    1. Ganz so schwarz wie du möchte ich es nicht sehen. Aber ich habe leider auch den Eindruck das Sparer jeglicher Art in Zukunft mehr blechen dürfen. Und es kann Konstellationen geben, wo sich sparen wohl in Zukunft nicht mehr lohnt. Wer z.B. mehrere Kinder hat und schlecht ausgebildet ist, kann von der staatlichen Stütze mitunter besser leben als vom Vollzeitjob. Da liegt ein Kernproblem unseres Systems. Die Löhne und Lohnnebenkosten.

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    2. Ich stimme zu, dass sich die Arbeitswelt in den kommenden 20 Jahren spürbar verändern wird.

      Allerdings sehe ich keine Alternative zum Sparen (und Investieren). Ohne Ersparnisse wird jemand komplett vom Staat abhängig sein. Mit Geld im Rücken bleibt jemand in jedem Fall flexibler - in jeglicher Hinsicht. Selbst wenn der Staat in der Ansparphase seinen Anteil einfordern wird, gibt es aus meiner Sicht keine Alternative für ein gesundes Sparen.

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