Montag, 6. Oktober 2014

Put-Optionsscheine oder short-ETFs als Absicherung?

Die Börse in den USA befindet sich mittlerweile im sechsten Jahr eines übergeordneten Aufwärtstrends. In Europa und Asien sieht die Situation am Aktienmarkt differenzierter aus, denn hier konnten häufig keine neuen Allzeithochs erreicht werden.
Aber zurück zum führenden amerikanischen Aktienmarkt. Nach einer derartig langen Hausse stellt sich zurecht die Frage, was man denn nun tun kann, um die durchaus üppigen Gewinne zu sichern?
Welche Möglichkeiten gibt es, wenn die Anlageklasse Aktien eine mehrjährige Hausse hinter sich hat?

Aktien verkaufen
Die eine Möglichkeit ist, Aktien zu verkaufen. Oft hört man den Spruch: "An mitgenommenen Gewinnen ist noch niemand gestorben". Diese Aussage ist sicher nicht verkehrt, dennoch gibt es auch einige Nachteile, wenn man Aktien verkauft.
Auf der anderen Seite hat man einen Gewinn realisiert und kann das frei gewordene Kapital erneut investieren.
Im früheren Artikel "Was tun, wenn Kursgewinne deutlich höher als Dividenden sind?" hatten wir uns eine ähnliche Fragestellung angeschaut.

In andere Anlageklassen investieren
Eine andere Möglichkeit ist, frisches Geld nicht mehr in Aktien, sondern in anderen Anlageklassen zu investieren bzw. zu parken. Dieses Vorgehen hatten wir teilweise bereits im Artikel "Strategische oder taktische Asset Allocation" betrachtet.
Die Frage bleibt, ab welchem Zeitpunkt neues frisches Geld wieder in Aktien angelegt werden sollte? Es klingelt leider niemand lautstark mit der Glocke und ruft den nächsten Aufwärtstrend aus.

Auf fallende Kurse setzen
Eine weitere Möglichkeit ist, sich Instrumente ins Depot zu holen, die bei fallenden Kursen an Wert gewinnen. Dies könnte zum Beispiel eine Überlegung sein, wenn man selbst bei ambitionierten Aktienbewertungen die Dividende weiter kassieren möchte. Wegen der langen Haltedauer behält man einen hohen "Yield on Cost" und möchte deshalb die Aktie selbst bei herberen Kursverlusten im Depot behalten.

Wertpapiere, die für Anleger profitabel sind, wenn der Aktienmarkt fällt (sogenannte "short"-Wertpapiere), könnte als eine Art Versicherung gesehen werden.
Entweder der Aktienmarkt steigt weiter (man befindet sich auf der "long"-Seite) und die Versicherungs-Wertpapiere verlieren einen Teil oder komplett den Wert des eingesetzten Kapitals. Das wäre dann sozusagen der Preis der Versicherung. Normalerweise würde in diesem Szenario der Gewinn auf der "long"-Seite deutlich höher sein als der Verlust eines "short"-Wertpapieres.

Oder der Aktienmarkt verliert an Wert und die Wertpapiere auf fallende Kurse bringen dem Anleger einen guten Gewinn - natürlich neben den Kursverlusten bei Aktieninvestments. Den Gewinnanteil könnte man anschließend dafür nutzen, um bei soliden Aktienwerten, die während der Korrektur oder im Bärenmarkt unter Druck geraten sind, günstig neue Aktien oder neue Anteile bei ETFs zu erwerben.

Oder man verwendet "Puts" oder "shorts" als zusätzliches Trading, zum Beispiel mit Geld der "Anlageklasse Spielgeld".
Hier zwei Links zur Berechnung der Depotabsicherung: Gevestor und Finanz-Seiten

Funktionsweise von Instrumenten auf fallende Kurse
Ein Put-Optionsschein berechtigt zum Verkauf eines Basiswerts (zum Beispiel einer Aktie oder eines Index) zu dem bei Ausgabe des Optionsscheins festgelegten Basispreis innerhalb einer festgelegten Laufzeit. Der Käufer eines Put-Optionsscheines setzt entsprechend auf fallende Kurse des Basiswertes. Für den Fall, dass die Kurse des Basiswerts tatsächlich fallen, kann die Anlage mit einem Put-Optionsschein Gewinne erzielen.

Der Preis des Optionsscheins setzt sich aus den Komponenten "innerer Wert" und Zeitwert zusammen. Der innere Wert wird aus der Differenz des aktuellen Börsenkurses und dem zugrunde liegenden Basiswert bestimmt. Wenn man zum Beispiel einen Put auf den Dow Jones mit der Basis 16.500 kauft und der aktuelle Wert des Dow Jones liegt über 16.500, dann notiert der Optionsschein "aus dem Geld". Denn bei diesem Endstand wäre der Put wertlos. Hier kommt nun der Zeitwert ins Spiel, der von der Restlaufzeit bestimmt wird.
Je länger die Restlaufzeit, desto höher der Zeitwert, denn es kann innerhalb von vielen Monaten bekanntermaßen an der Börse viel passieren. Aus diesem Grund hat in unserem Beispiel ein Put mit Fälligkeit im Sommer 2015 noch einen relativ hohen Wert, obwohl er ja derzeit aus dem Geld ist, weil der aktuelle Dow Jones-Stand höher als 16.500 Punkte.

Das ist hier keine Trading-Webseite, daher möchte ich nicht in alle Details gehen, sondern möchte diese Möglichkeit lediglich nennen. Weitere Informationen zu Put-Optionsscheinen gibt es zum Beispiel auf Wikipedia und eine recht üppige Auswahl von Optionsscheinen ist unter anderem bei der comdirect zu finden.

Beispiel eines Put-Optionsscheins auf den Dow Jones Industrial Average
mit Basis 16.000 Punkten mit Fälligkeit im Februar 2015 - Quelle: comdirect.de

Beim sogenannten short-ETF gewinnt man den entsprechenden Wert, wenn der Index (zum Beispiel DAX oder Dow Jones) Kursverluste hinnehmen muss. Das Prinzip ist demnach etwas einfacher. Allerdings gibt es einen Haken. Der jeweilige Bezugswert wird täglich neu festgesetzt, das bedeutet, man erzielt keinen Zinseszins-Effekt, wenn man mit einem short-ETF bei einem längerfristigen Abwärtstrend im Markt sein sollte. Daher ist diese Art von Handelsinstrumente eher für kurzfristige Bewegungen geeignet.

Hier ein Beispiel eines short-ETF auf den DAX. Wer dort sein Geld 2010 angelegt hätte, würde heute - nach vielen Jahre Aktienhausse - lediglich noch den Gegenwert des halben eingesetzten Kapitals besitzen.

Um noch einmal kurz zur oben vorgestellten Funktion als Versicherung zurückzukommen. Sowohl die Positionsgröße des Put als auch die des short-ETF lassen sich vorher an die eigenen Vorhaben seines Depots anpassen. Wenn man sich sehr sicher sein sollte, dass nun fallen Aktienkurse bevorstehen, könnte man die Größe derart wählen, dass die Verluste der Aktien in etwa egalisiert werden. Dafür ist die "Versicherungs-Prämie" entsprechend groß. Üblicherweise versucht man lediglich einen gewissen (kleinen) Prozentanteil abzusichern.

Selbst nutze ich beide Instrumente ebenfalls gelegentlich mit kleinen Positionsgrößen, wobei ich Puts gegenüber short-ETFs leicht bevorzuge.

Wie sieht es bei Ihnen aus, nutzen Sie ebenfalls gelegentlich (oder sogar häufig) Handelsinstrumente, die bei fallenden Aktienkurse an Wert gewinnen?

Zum Weiterlesen:

9 Kommentare:

  1. Zunächst eine Antwort auf die Frage: Ja - ich nutze Optionsscheine oder Zertifikate, um mich gegen fallende Kurse zu schützen.
    Allerdings finde ich es fast noch schwieriger als bei Aktien, den richtigen Einstiegszeitpunkt und noch schwieriger, den Ausstiegszeitpunkt zu finden.

    Begründung:
    Bei einem Rückgang des DAX, wie wir ihn in den letzten Tagen und Wochen erleben von ca. 10.000 auf jetzt bald 9.000 Punkte wäre natürlich eine gute Gelegenheit, die Versicherung in Anspruch zu nehmen und den Gewinn der Puts zu kassieren. Denn nur wenn ich den Gewinn aus diesen Papieren irgendwann realisiere, nutzt mir die Versicherung auch etwas.

    Andererseits - wenn ich die Puts jetzt verkaufe, habe ich danach keine Versicherung mehr und wäre für einen richtigen Crash völlig schutzlos. Und damit würde die Versicherung dann ihren Sinn komplett verfehlen.

    Beide Fälle (halten oder verkaufen) machen daher den Versicherungsgedanken irgendwie sinnlos. Ich helfe mir in solchen Fällen immer gerne damit, dass ich bei fallenden Kursen immer nur ein paar Puts verkaufe, so dass immer noch ein Rest-Schutz bleibt. Steigen die Aktien dann wieder (und fallen die Puts) kaufe ich dann ebenso stückchenweise wieder zu.

    Aber so ganz zufrieden bin ich mit dieser Vorgehensweise noch nicht. Vielleicht hat ja hier jemand eine bessere Idee...

    Gruß, Der Privatier

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  2. Man könnte auch Reverse Bonus Zertifikate (z.B. DAX, E-Stoxx) nehmen. Das habe ich vor ca. 3 Jahren für beide Richtungen gemacht. Es hat auch ein paar Mal geklappt. Aber wenn mal die Schwelle gerissen wird, sind mind. 50% Verlust zu verschmerzen. Deswegen lasse ich seitdem von Bonus Zertifikaten die Finger. Ich habe mir dann ein paar 2x Faktor Zertifikate auf steigende Volatilität des STOXX Index (VSTOXX) gekauft, leider zum falschen Zeitpunkt. Aber die kann ich liegen lassen, da sie eine unbegrenzte Laufzeit haben.
    Vor ein paar Wochen kam dann noch ein DB X-TRACKERS SHORTDAX X2 DAILY ETF dazu, der langsam anfängt zu steigen. Dafür behalte meine Aktien und ETF im Depot, wenn es mal länger Richtung Süden geht. Bis jetzt habe ich aber mit dem Short Gehen nur Verluste gemacht, da es die letzte Zeit ja nur aufwärts ging.

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  3. Ja ich tue auch ein bissel shorten, aber nur in meinem "aktiven" Neben-Depot. Aber wie ein Vorkommentator schon erwähnte, das richtige Timing für einen auch wirklich lohnenswerten Trade zu finden ist schon ziemlich gewagt und man kann sich schnell verzetteln.

    Für mein Haupt-Depot aus Dividenden-ETFs bin ich einfach am halten (also auch in Krisen am "durch-halten"), da ich das Geld ja auf lange Sicht investiert habe (also nicht in die Verlegenheit komme, ausgerechnet dann aus Geldmangel darauf zugreifen zu müssen, wenn der Markt grad am Tiefpunkt ist). Die regelmäßigen Ausschüttungen gehen ja weiter und bieten etwas "Sicherheitspolster" und nicht zu unterschätzende psychologische Motivation um durch die ganze Talfahrt durch wieder weiter zu reinvestieren. Wenn man auch noch verschiedene Asset-Arten hat, die wenig korrellieren, können die sich gegenseitig stützen bei einem Rebalancing.

    Irgendwann kommt mal wieder der nächste größere Knacks (und ja, leider unangekündigt), da werden auch einige Leute gut verdienen mit shorts/puts etc. Ob aber der durchschnittliche Kleinanleger dafür das nötige Näschen hat, sei mal dahingestellt (schafft er doch nichtmal das simple long-trading).

    Gruß, Christoph

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  4. Danke für Eure interessanten Erfahrungsberichte. In der Tat ist das Geschäft mit fallenden Kursen nicht so einfach wie es auf den ersten Blick aussieht.
    Bei mir war es zuletzt so, dass ich abgewartet hatte, dass sich große Indizes sehr weit von der 200 Wochen-Linie entfernt hatten. Dann hatte ich einen Put oder short-ETF gekauft. Das hat mal gut funktioniert (z.B. Januar/Februar 2014), mal weniger (z.B. April/Mai 2014).
    Ich würde - wie im Artikel geschrieben - generell nur kleine Geldpositionen dafür verwenden, denn die ganze Sache ist schon ziemlich spekulatives Trading.

    Grüße in die Runde!

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  5. Aus aktuellem Anlass habe ich im Text noch ein Beispiel eines Put-Optionsscheins auf den Dow Jones mit Basis 16.000 hinzugefügt. Aufgrund der starken Kursrückgänge am Aktienmarkt hat dieser Optionsschein alleine an einem Tag rund 40 Prozent an Wert gewonnen. Einige Anteile hatte ich daher am heutigen Tag auch verkauft.
    Der Gewinn war aber nicht ganz so üppig, da er zuvor einen Teil der Abwärtsbewegung mitgemacht hat.

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  6. Ich frage mich, ob es Sinn macht, angenommen man glaubt daran, dass Griechenland den Euro verlässt und es nochmal zu einer starken Eurokrise kommt, sich short etfs zuzulegen. Wenn man sie auf 2 Jahre kauft. Einfach mal angenommen, dass es passiert, dann wäre der fehlende Zinseszinseffekt doch nicht besonders relevant oder übersehe ich etwas?

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    1. Shorts und so sind keine buy-and-hold Anlageinstrumente sondern für kurzfristiges situatives Trading gedacht. Einfach nur liegenlassen funktioniert für längere Zeiträume eher ungünstiger, wenn sie (liegt in der Natur ihrer Konstruktion) dann wenn se mal gebraucht werden schon überproportional viel Wert verloren haben. Und beim Versuch, aktiv den Markt zu timen haben sich schon viele verbrannt. Wer sich das nicht sicher zutraut, der bleibt einfach dabei long in auch ein paar "krisenresistentere" Werte zu investieren. Aber auch mir juckts ja manchmal spekulativer in den Fingern, ein kleines Spielgeld nutze ich für Faktor-Zertifikate bei meinen Shorts.

      LG Chris

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    2. Was würden Sie dann für ein Instrument empfehlen, wenn man auf einen langfristigen Zusammenbruch der Eurozone setzen möchte?

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    3. Also wer einen Zusammenbruch der Eurozone erwartet, sollte überhaupt keine Investments der Eurozone halten. Auch weltweit dürfte dieser drastische Vorgang Auswirkungen auf Aktien- und Anleihenmärkte haben.
      Gleichzeitig dürfte es unangenehme Folgen im Alltag geben. In diesem Fall würde ich auswandern, mein Geld in Kanada, Singapur oder Australien parken und warten bis wieder mehr Ruhe eingekehrt ist.

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